„Projekt­krise als Chance“ – viel­fach mehr Floskel und Lippen­be­kenntnis als gelebte Realität

Projekt­krisen sind alltäg­lich, viel­fältig und unbe­liebt. Sie bergen aller­dings auch enormes Entwick­lungs­po­ten­tial. Erst die Nega­tion der Krise führt zu Projekt­ka­ta­stro­phen und verhin­dert, durch sie den Nutzen für die Orga­ni­sa­tion zu heben.

Studiert man die Lite­ratur und das Internet, so kann man zum Schluss kommen, dass Projekt­krisen eher die Regel als die Ausnahme sind. Auch aus meiner eigenen Berufs­praxis als Berater und Coach kann ich das bestä­tigen. Verbunden sind Projekt­krisen ganz häufig mit der reflex­haften Frage­stel­lung „Wie wäre das zu verhin­dern gewesen?“ und der unter­schwel­ligen impli­ziten Frage­stel­lung „Wessen Fehler ist das?“ bzw. „Wer ist daran Schuld?“.

Suche nach Schul­digen verhin­dert die Lösung

Abge­sehen davon, dass diese mono­kau­sale und rück­wärts­ge­wandte Frage­stel­lung in der Praxis selten eindeutig beant­wortet werden kann, ist sie für die Lösung der Krise und für das konstruk­tive Mitein­ander des Teams und der Entscheider kontra­pro­duktiv. Wech­sel­sei­tige Schuld­zu­wei­sungen und Konflikte sind die Folge. Die konstruk­tive Lösung der Krise wird damit deut­lich schwie­riger, denn ein „WIR ziehen den Karren GEMEINSAM aus dem Dreck“ ist schwer­lich möglich, wenn jeder in eine andere Rich­tung zieht und dem Anderen dabei auch noch Knüppel zwischen die Beine wirft.

Wieder­her­stel­lung der Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft – Voraus­set­zung zur Lösung

Die Lösung der Krise kann nur mit einer zukunfts- und lösungs­ori­en­tierten, ganz­heit­li­chen Stra­tegie erreicht werden, in die alle wich­tigen Betei­ligten und Betrof­fenen aktiv und konstruktiv einge­bunden werden, so dass sie sich als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems oder als Verlierer fühlen. Erst dadurch werden Moti­va­tion und Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft bei allen Betei­ligten geweckt, um den stei­nigen Weg aus der Krise mit all seinen Beschwer­nissen gemeinsam zu gehen.

Die Wieder­her­stel­lung der Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft stellt für den Projekt­leiter (bzw. den Krisen­ma­nager) einen wich­tigen Schlüssel zum Erfolg dar. Alle Betei­ligte müssen das Vertrauen gewinnen, dass die Krise gemeinsam bewäl­tigt werden kann. Dazu muss der Projekt­leiter unter anderem …

  • seine Haltung und sein Verhalten in der Krise reflek­tieren und mit dem Druck selbst konstruktiv umgehen können (Stich­wort Resi­lienz)
  • die konstruk­tive Zusam­men­ar­beit in seinem Team wieder­her­stellen und seinen Führungs­stil an die beson­dere Situa­tion anpassen
  • die limi­tie­renden Faktoren iden­ti­fi­zieren und mit den Entschei­dern der jewei­ligen Parteien über eine mögliche Lösung und deren Beitrag dazu verhan­deln
  • bei allen Betei­ligten die Moti­va­tion wecken, die gemein­same Lösung auch erfolgreich umzu­setzen

Somit ist der Projekt­leiter in der Krise Führungs­kraft, Mode­rator, Mediator und Verhandler unter hohem Druck – keine ganz leichte Heraus­for­de­rung, für die er hoffent­lich bereits vor der Krise das notwen­dige Rüst­zeug erworben hat.

Der Nutzen der Krise wird viel­fach nicht gehoben

Neben der Behin­de­rung der opera­tiven Konflikt­lö­sung, ist die rück­wärts­ge­wandte Suche nach Schul­digen auch dafür verant­wort­lich, dass viel­fach der poten­ti­elle Nutzen der Krise für die Weiter­ent­wick­lung der Projekt­be­tei­ligten und der Orga­ni­sa­tion nicht erkannt und gehoben wird. Syste­misch betrachtet läuft ein Projekt ja nicht losge­löst von der Orga­ni­sa­tion. Inso­fern ist ein Schei­tern eines Projekts auch immer ein Schei­tern der Orga­ni­sa­tion. Es stellt sich daher die Frage, welche Rahmen­be­din­gungen in der Orga­ni­sa­tion verän­dert werden müssen, um die Chancen für erfolg­reiche Projekte zu stärken. Dieser Schritt „Lessons Learned“ zu iden­ti­fi­zieren und die Über­tra­gung vom Einzel­pro­jekt auf die Unter­neh­mens­ebene unter­bleiben jedoch leider sehr oft. Dabei ist dieser Nutzen viel­schichtig und oft um ein Viel­fa­ches größer als die nega­tiven Auswir­kungen der einzelnen Krise: Persön­li­ches Wachstum auf der Ebene der Projekt­mit­ar­beiter und ‑entscheider, Stär­kung der Team­zu­sam­men­ar­beit, Verbes­se­rung der Prozesse im Unter­nehmen und der Unter­neh­mens­kultur, u. v. m.

Semi­nar­emp­feh­lungen zum Krisen­ma­nage­ment in Projekten

Trai­ning: Krisen­ma­nage­ment in Projekten

Konflikt­ma­nage­ment in Projekten

Project-Gover­nance für Auftrag­geber und Spon­soren

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